Geboren am 24.6.1906 in Wladiwostok 1925
- 31 Studium
an der TH Dresden und TH Berlin Gestorben am 25.12.1997 in Hamburg
|
|
Mitten in der Weltwirtschaftskrise wagt Nissen nach seinem Diplom 1931 den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnet in Berlin ein eigenes Architekturbüro. Erste Aufträge erhält er von der Reemtsma-Zigarettenfabrik, für die er über mehrere Jahre den Umbau der Werksanlagen an der Rungestraße in Berlin sowie deutschlandweit die Umgestaltung von Auslieferungslagern betreut. Daneben ist er auch mit dem Umbau und der Aufteilung großer Wohnungen in kleinere Wohneinheiten sowie dem Neubau einiger Einfamilienhäuser im Westen Berlins tätig. Obwohl es sich dabei zumeist um Bauten für großbürgerliche Familien handelt, bleiben Nissens Wohnhausentwürfe mit ihrer knappen Körperlichkeit und der strengen, schlichten Gestaltung dem Tessenow'schen Prinzip einer einfachen Architektur treu. Ab 1937 erschließen sich für Nissen mit der unter nationalsozialistischer Herrschaft forcierten Wiederaufrüstung schließlich neue Aufgabenfelder, als er über persönlichen Kontakt mit dem ehemaligen Jagdflieger Hermann Kastner den Bauauftrag für Fabrikanlagen der Pommerschen Motorenwerke in Arnimswalde erhält. Die Rüstungsbauten, die Nissen vor und während des 2. Weltkriegs ausführt, tragen mit ihrer sparsamen, konstruktiv geprägten Bauweise den Bedingungen des Luftschutzes und der Baumaterialkontingentierung Rechnung. Dabei verleihen gerade die an den Werkhallen verwendeten Betonschalen, als materialsparende Bauweise von der Firma Dyckerhoff & Widmann entwickelt, mit ihrer seriellen Erscheinung den Bauten ein modernistisches Erscheinungsbild, während andere Werksteile als auch die zugehörigen Arbeiterwohnhäuser eine deutlich traditionellere Gestaltung erfahren. 1940 wird Nissens Büro dem Baustab von Albert Speer unterstellt und zwei Jahre später in die Organisation Todt eingegliedert, womit seine Arbeit als kriegswichtig eingestuft wird und Nissen wie seine Mitarbeiter dadurch vom Kriegsdienst verschont bleiben. Damit gelingt Nissen wie zahlreichen Kollegen seiner Generation eine Zuflucht in den Industriebau, wie Rudolf Lodders es nach Kriegsende formuliert. Dabei handelt es sich allerdings eher um das Vermeiden einer Involvierung in das Kriegsgeschehen als um die Flucht vor einer architektonischen Inanspruchnahme durch das nationalsozialistische Regime, wie es in der Nachkriegszeit teilweise dargestellt wird. Bei Kriegsende flüchtet Nissen vor der Roten Armee in den Westen Deutschlands und geht nach Hamburg, wo er anfangs bei seinem Freund Werner Kallmorgen unterkommt. Hier wagt er den beruflichen Neuanfang und eröffnet wieder ein Architekturbüro, das er ab 1946 in Arbeitsgemeinschaft mit seinem früheren Studienkollegen Carl-Friedrich Fischer betreibt. Vom neugegründeten Hamburger BDA wird Nissen, der politisch als unbelastet gilt, als Verbindungsmann zwischen britischer Militärregierung und der neuen Zivilverwaltung vorgeschlagen. Dadurch erhält er bereits kurz nach Kriegsende Aufträge für den Bau mehrerer "Brücke"-Institute, deutsch-englischer Kulturinstitute, die im gesamten britischen Besatzungsgebiet eingerichtet werden. Auch durch erneute Aufträge für die Reemtsma-Werke, vor allem der Erweiterung des ehemaligen Wohnhauses von Philipp Reemtsma zur neuen Hauptverwaltung des Zigarettenkonzerns, kann sich Nissen in der Nachkriegszeit in Hamburg als Architekt etablieren. Seine Bauten zeichnen sich durch Einflüsse der skandinavischen Architektur aus, die, geprägt von Kay Fisker, Arne Jacobsen oder Erik Gunnar Asplund, zum Vorbild der Nachkriegsarchitektur in Norddeutschland wird. Als Mitglied des Technischen Kommission für den Wiederaufbau Helgolands, deren Leitung er nach dem Tod Otto Bartnings 1959 übernimmt, kann Nissen auch die architektonische Gestaltung der Insel im Sinne dieser moderaten, an regionalen wie klimatisch bedingten Formen orientierten Moderne, nachhaltig prägen. 1955 wird Godber Nissen als Professor für Gebäudelehre und Konstruktion an die Hamburger Hochschule für Bildende Künste berufen. Gemeinsam mit Fritz Trautwein, Paul Schneider-Esleben oder Werner Hebebrand baut Nissen dort die Architekturlehre zum eigenständigen Studiengang aus, der auf einem von ihm entwickelten Curriculum beruht. Seine Lehrtätigkeit zeichnet sich durch Strenge und Exaktheit in den technisch-konstruktiven Aspekten aus, neben der aber auch die Schulung des Gefühls für Proportionen und Raumzusammenhänge im Vordergrund steht. Die von ihm vermittelte Funktionslehre kann Nissen dabei in zahlreichen Krankenhausbauten umsetzen, die er gemeinsam mit Konstanty Gutschow ausführt. Während Gutschow vor allem für städtebauliche und organisatorische Fragen verantwortlich zeichnet, ist Nissen für die architektonische Gestaltung der Bauten zuständig. Mit der baukörperlichen Gliederung in Bettenhäuser und Behandlungsflachtrakte wirken ihre Bauten vorbildhaft für den deutschen Krankenhausbau. Nissens Bestrebungen gelten dabei wesentlich der Schaffung einer menschlichen Atmosphäre, etwa durch niedrige, Ausblick ermöglichende Fensterbrüstungen, als Kontrapunkt zu der modernen Apparatemedizin. Bis zum Ausscheiden aus der 1979 mit Peter Martinius und Hartmann Schlutz gebildeten Büropartnerschaft 1995 bleibt der Krankenhausbau ein Schwerpunkt in Nissens Werk. Im Alter von 91 Jahren stirbt Godber Nissen in Hamburg. Seine Architektur zeichnet sich nicht durch eine gerade in der Nachkriegszeit dominante Tendenz zu Leichtigkeit und Filigranität aus, sondern vielmehr durch eine materialgerechte, dauerhaft wirkende und mit natürlichen Baustoffen arbeitende Ästhetik. Diese basiert auf Nissens, von seinem Lehrer Tessenow geprägten Verständnis vom Bauen als etwas dem Menschen Dienendes, nach dem Architektur weit mehr als künstlerischer Selbstzweck ist..
Literatur: Carl-Friedrich
Fischer: Zum Tode von Godber Nissen Hartmut Frank:
Inseln am Großen Strom: Der Architekt Godber Nissen Hartmut Frank,
Ullrich Schwarz: Godber Nissen. Ein Meister der Nachkriegsmoderne Jan Lubitz:
Zum 100. Geburtstag von Godber Nissen |
|
.
.Haus Beyer
. .Berlin 1938 |
|
.
.Pommersche
Flugmotorenwerke
. .Arnimswalde 1937-40 |
|
.
.Gloria-Kino
. .Kiel 1951-52 |
|
.
.Reemtsma-Hauptverwaltung
. .Hamburg 1952-54 |
|
.
.Chirurgische
Klinik
. .Düsseldorf 1954-58 |
|
.
.Geschäftshäuser
Neuer Wall
. .Hamburg 1954-59 |
|
.
.Deutsche Botschaft
. .Stockholm / S 1958-60 |
|
.
.BAT-Musikstudentenwohnheim
. .Hamburg 1967 |
|
.
.Medizinische
Hochschule
. .Hannover 1961-72 |
|
.
.Institut für
Allgemeine Botanik
. .Hamburg 1978-82 |
|