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. . . Rudolf Lodders. 1901 - 1978

Portrait Rudolf Lodders

Geboren am 19.9.1901 in Altona

1921 - 24 Studium an der Höheren Schule für Baukunst Hamburg
1924 - 31 Mitarbeiter in mehreren Stadtplanungsämtern
1931 Gründung des eigenen Architekturbüros in Altona

1934 - 61 Werksarchitekt der Borgward-Automobilwerke
1947 - 50 Vorsitzender des Werkbundes Nordwestdeutschland
1950 - 78 Mitglied der freien Akademie der Künste Hamburg

Gestorben am 3.6.1978 in Hamburg

 

 


Rudolf Lodders wird 1901 in Altona, der damals noch eigenständigen Nachbarstadt Hamburgs geboren. Er absolviert zunächst eine Maurerlehre, bevor er ein Architekturstudium an der Höheren Schule für Baukunst in Hamburg beginnt. Nach Abschluß des Studiums beginnt eine Lehrzeit in mehreren Architekturbüros und Stadtplanungsämtern, zunächst bei Karl Schneider in Hamburg 1924-25, dann im Hochbauamt Altona bei Gustav Oelsner, 1927-29 im Hochbauamt Frankfurt als Mitarbeiter des Hochbaudirektors Martin Elsaesser sowie in den Stadtplanungsämtern Berlin bei Martin Wagner und Köln bei Wilhelm Arntz. Eine derartige unakademische Architekturausbildung ist zur Zeit der Weimarer Republik noch durchaus üblich, und Lodders findet dabei Kontakt zu einigen führenden Planern der modernen Architektur der Zwanziger Jahre. Er erhält 1930 den Staatspreis der preußischen Akademie der Künste, der ihm einen Studienaufenthalt in der römischen Villa Massimo 1931 ermöglicht. Nach seiner Rückkehr gründet er in seiner Heimatstadt ein eigenes Architekturbüro.

Sein erster eigener Bau, ein Verwaltungsanbau der ILO-Motorenwerke, zeigt deutliche Anklänge an den italienischen Rationalismus jener Jahre, den er von seinem Studienaufenthalt kennt. Durch diesen Bau wird Carl Borgward auf Lodders aufmerksam, der für seine Hansa-Lloyd-Automobile von ILO Motoren bezieht. 1934 wird Lodders Werksarchitekt der fortan stark expanierenden Hansa-Lloyd- und Borgward-Automobilwerke in Bremen bis zum Bankrott 1961. Seine Industriearchitektur folgt rationalen, funktionellen Planungsaspekten, mit einer deutlichen formalen Orientierung an der avantgardistischen Moderne der zwanziger Jahre. Die Industrieanlagen der Borgward-Werke gelten auch unter nationalsozialistischen Ansprüchen an Arbeitshygiene oder Sozialeinrichtungen nach Vorgaben des Amtes "Schönheit der Arbeit" als vorbildlich und werden, auch wegen ihrer funktionellen Modernität, publiziert.

Rudolf Lodders ist in den dreißiger Jahren außerdem mit dem Bau von Einfamilienhäusern beschäftigt, die neben dem Industriebau sein zweites großes Betätigungsfeld bilden. Seine Wohnhäuser weisen überwiegend funktionale, landschaftlich orientierte Grundrisse auf, aber ebenso auch große, die freien Grundrißformen übergreifende Walmdächer. Die Architektur der Wohnhäuser ist geprägt von traditionellen, rustikalen Formen, die allgemeinen Architekturvorstellungen des "Dritten Reichs" entsprechen, obwohl er sich, besonders in der Innenarchitektur, nicht an diesen orientiert. Lodders trennt dabei ganz bewußt zwischen funktionaler Industriearchitektur und traditionellen Wohnhausformen, er will jedoch die Klarheit der industriellen Gestaltungsprinzipien in den Wohnbereich hinübertragen, also die Architektur seiner Wohnhäuser eben nicht aus formalen Aspekten entwerfen. Diese vergleichsweise konservative Architektur der Wohnhäuser behält Rudolf Lodders auch in der Nachkriegszeit bei. Durch die Tätigkeit für die Borgward-Werke ist er als unabkömmlich eingestuft und entgeht daher dem Militärdienst. Daneben erhält er während des Zweiten Weltkriegs Planungsaufträge durch die Dienststelle "Neugestaltung der Hansestadt Hamburg" von Konstanty Gutschow und erstellt Planungen für einen Ost-West-Straßen-Durchbruch in der Innenstadt oder die Hansische Universität in Klein Flottbek im seit 1937 an Hamburg angeschlossenen Altona. Die Architektur der Entwürfe stellt eine Mischung traditioneller, moderner als auch monumentaler Formen dar, wie er sie auch im Industrie- und Landhausbau verwendet.

Nach Ende des 2. Weltkriegs beginnt Rudolf Lodders sich kulturpolitisch zu engagieren und gilt, da er keinerlei nationalsozialistischen Organisationen angehörte, als politisch unbelastet. Ende 1945 wird er Vorstandsmitglied im neugegründeten BDA Hamburg, der ab 1946 eine Schriftenreihe zum Neuaufbau herausgibt, in der auch Lodders publiziert. Rund um Lodders formieren sich im BDA modern gesinnte Architekten, die großen Einfluß auf personalpolitische Entscheidungen ausüben. Eine vom BDA vorgeschlagene Gruppe Hamburger Architekten erhält von der britischen Besatzungsverwaltung 1946 den Planungsauftrag für das Wohnhausprojekt "Hamburg Project". Zusammen mit seinem BDA-Kollegen Bernhard Hermkes ist Lodders der maßgebliche Planungsleiter der "Arbeitsgemeinschaft Grindelberg". Von Rudolf Lodders stammt die Idee der städtebaulichen Großform gegliederter Hochhausscheiben, die er mit "Impfstrichen im städtebaulichen Organismus" beschreibt. Er bringt erfolgreich sein im Industriebau erworbenes Wissen zur Typisierung und zur Stahlbauweise für das Wohnungsbauprojekt ein. Die bis 1956 entstehenden Grindel-Hochhäuser sind ein Fanal der Moderne, das einzige je realisierte Scheibenwohnhaus-Konzept in einer Parklandschaft, wie in Utopien von Le Corbusier oder Marcel Lods. Damit stehen die Grindel-Hochhäuser symptomatisch für die Abkehr vom Nationalsozialismus, für den Bruch in der Stadt wie in der Gesellschaft.

In der seit 1947 erscheinenden, von Alfons Leitl herausgegebenen Zeitschrift "Hefte für Baukunst und Werkform" verfaßt Lodders in der programmatischen ersten Ausgabe den Artikel "Zuflucht im Industriebau". Er beschreibt seine Tätigkeit im Industriebau im "Dritten Reich" sowie die anderer bedeutender Nachkriegsarchitekten wie Herbert Rimpl, Karl Wilhelm Ochs oder Egon Eiermann als oppositionelle Architekturform, als Ort innerer Emigration. Seine Schriften sind ein wichtiges Zeugnis des architektonischen Richtungsstreits der Nachkriegszeit und für die Legende der "Stunde Null", des unbelasteten Neuanfangs, obwohl seine Tätigkeit keineswegs außerhalb des politischen Systems erfolgen konnte. Durch diese Argumentation setzt sich Lodders für ein Anknüpfen an der Moderne der Weimarer Republik ein, als deren einzigen legitimen Nachfolger er den Industriebau im "Dritten Reich" sieht.

Ab 1948 ist Rudolf Lodders mit dem Wiederaufbau der Borgward-Werke beschäftigt. Die Grindelhochhäuser bleiben typologisch wie architektonisch eine Ausnahme in seinem Werk. In der Nachkriegszeit baut er weiterhin zahlreiche Einfamilienhäuser in konservativer Manier sowie Verwaltungsbauten, als renommierter Industrie-Architekt erhält er Aufträge für die BP-Raffinerie oder den Hamburger Schlachthof. Architektonisch an der mittlerweile selbstverständlich gewordenen Nachkriegsmoderne orientiert, bleiben seine Bauten aber banal. Für die Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts bedeutend bleibt die von Lodders formulierte Legende der "Zuflucht im Industriebau". Rudolf Lodders stirbt 1978 in seiner Heimatstadt Altona, die seit 1937 nur mehr ein Stadtteil Hamburgs ist.


Juni 2001

Literatur:

Olaf Bartels: Rudolf Lodders. Schriften zum Neuaufbau 1946-1971. Hamburg, 1989

Olaf Bartels: Altonaer Architekten - eine Stadtbaugeschichte in Biographien. Hamburg, 1997

Freie Akademie der Künste Hamburg: Rudolf Lodders. Bauten von 1931-1961. Hamburg, 1961

Alfons Leitl: Die zweite und dritte Generation. Zu den Bauten eines Fünfzigjährigen. In: Baukunst und Werkform Heft 10/1951, S. 30-48

ILO-Motorenwerke, Pinneberg 1933
. .ILO-Motorenwerke
. .Pinneberg 1932-33
Haus Christiansen, Altona 1934
. .Haus Christiansen
. .Altona 1933-34
Hansa-Lloyd-Werk. Bremen 1934-35
. .Hansa-Lloyd-Werk
. .Bremen 1934-35
Haus Wachholz. Hamburg 1935-36
. .Haus Wachholz
. .Altona 1935-36
Goliath-Werk. Bremen 1935-37
. .Goliath-Werk
. .Bremen 1935-37
Borgward-Hauptverwaltung, Bremen 1950
. .Borgward-Hauptverwaltung
. .Bremen 1949-50
Grindel-Hochhäuser, Hamburg 1956
. .Grindel-Hochhäuser
. .Hamburg 1946-56
Schiffbau-Versuchsanstalt, Hamburg 1958
. .Schiffbautechnische Versuchsanstalt
. .Hamburg 1956-58
Berufsgenossenschaft Gesundheit, Hamburg 1959
. .Berufsgenossenschaft für Gesundheit
. .Hamburg 1957-59
Hamburger Ärztekammer, Hamburg 1962
. .Hamburger Ärztekammer
. .Hamburg 1960-62