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. . . Robert Friedmann. 1888 - 1940

Portrait Robert Friedmann

Geboren am 15.2.1888 in Hamburg

1906 - 1911 Studium an der TH Hannover, München und Dresden
1914 - 1918 Kriegsdienst im 1. Weltkrieg
ca. 1920
Gründung des eigenen Architekturbüros in Hamburg
1930 Publikation seiner Bauten in der Reihe "Neue Werkkunst"
1933 Emigration nach Palästina
1939 - 40 Mitarbeiter des Public Works Department Jerusalem

Gestorben am 15.9.1940 in Jerusalem

 

 


Robert Friedmann wird in Hamburg als Sohn eines Bankiers geboren und wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf. Er besucht die Gelehrtenschule Johanneum und absolviert nach seinem Abitur 1906 ein halbjähriges Baupraktikum bei einem Zimmermeister in Lübeck. Dort kommt er mit dem Bau des Stadttheaters des Münchener Architekten Martin Dülfer in Kontakt, dessen viel beachteter Entwurf zu den herausragenden Leistungen der Reformarchitektur am Anfang des 20. Jahrhunderts gehört. Friedmann beginnt sein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Hannover, wechselt aber nach dem Vordiplom zunächst für ein Jahr nach München und beendet sein Studium nach weiteren zwei Jahren an der TH Dresden, an der Martin Dülfer seit 1906 Professor ist. Dresden ist in jenen Jahren mit Professoren wie Cornelius Gurlitt, German Bestelmeyer oder Dülfers Assistenten Heinrich Tessenow eine der führenden Ausbildungsorte, in denen die Reformbestrebungen in der Architektur wie der allgemeinen Lebensbedingungen vermittelt werden. Bei Martin Dülfer legt Robert Friedmann 1911 seine Diplomprüfung ab.

Im 1. Weltkrieg wird Friedmann zum Militär eingezogen und ist als deutscher Soldat in Palästina stationiert, wo er mit türkischen Truppen gegen die Engländer kämpft. Er kehrt anschließend nach Hamburg zurück und gründet gegen Anfang der Zwanziger Jahre ein eigenes Architekturbüro. Zunächst entwirft er Fassadengestaltungen für Läden und erhält ab Mitte der Zwanziger Jahre zunehmend Aufträge für Wohnblöcke, mit denen das gravierende Problem der Wohnungsnot nach dem 1. Weltkrieg bekämpft wird, gefördert durch die Hauszinssteuer, mit der Entschuldungsgewinne von Grundbesitzern aus der Inflation belegt werden. Friedmann ist beteiligt an den großen Wohnsiedlungsbauvorhaben in der Jarrestadt, in Hamm-Süd oder am Dulsberg, die unter der städtebaulichen Leitung des Oberbaudirektors Fritz Schumacher entstehen. Als Fassadenmaterial verwendet er fast ausschließlich den durch Schumacher in den Neubaugebieten festgelegten Backstein, den er zu zahlreichen Flächenornamenten nutzt. Ähnlich wie der Altonaer Architekt Friedrich Ostermeyer erzielt Friedmann durch ein schichtenweises Versetzen der Backsteinlagen ein Streifenmuster, das der Fassade Plastizität und optische Lebendigkeit verleiht, aber dennoch der Konstruktionsehrlichkeit und Materialgerechtigkeit entspricht, die wesentliche Grundlagen des Neuen Bauens darstellen. Eine derartige Behandlung der Fassade, die, losgelöst von der reinen Funktion und Tektonik des Gebäudes, dadurch formale Eigenständigkeit gewinnt, findet ihr Vorbild bereits im "geriefelten Putz" Friedmanns Lehrers Martin Dülfer.

Neben Karl Schneider, Bensel & Kamps oder Block & Hochfeld gehört Robert Friedmann mit seinen Bauten und der Beschäftigung mit Problemen des Kleinwohnungsbaus zu den exponierten Vertretern des Neuen Bauens in Hamburg. Zur Minimierung der Mieten für Arbeiterwohnungen favorisiert Friedmann die Laubengangerschließung, im Gegensatz zu Paul Frank verwendet er aber kurze Laubengänge, die, bei aller Offenheit aus hygienischen Gründen, ein hohes Maß an Privatheit aufweisen. In Musterentwürfen für Wohnungseinrichtungen demonstriert er Nutzbarkeit und Funktionalität seiner für das Existenzminimum reduzierten Wohnungen. Seine Erfahrungen im Wohnungsbau von minimierten Grundrissen veröffentlicht Friedmann 1928 in der Broschüre "Kleinstwohnungen" als Sonderausgabe der Baurundschau.

In der Buchreihe "Neue Werkkunst" wird 1930 das bisherige Schaffen Friedmanns veröffentlicht, mit einem von ihm selber gestalteten Einband. Ganz im Sinne der in Hamburg vorherrschenden modernen Architektur präsentiert sich Friedmann als Architekt einer aufgeklärten, vornehmen Bürgerschicht, aber ohne jenen revolutionären Gestus, den andere Protagonisten der Neuen Sachlichkeit wie Walter Gropius oder Otto Haesler betonen. Dennoch weisen Friedmanns Bauten eine konsequente Anwendung radikaler moderner Ideale wie der Zeilenbebauung auf, wie in der gemeinsam mit Hinsch & Deimling entworfenen Ost-Erweiterung des Wohngebietes am Dulsberg, die durch die Weltwirtschaftskrise lediglich teilweise ausgeführt wird. In dieser auftragsarmen Zeit kann er außerdem gemeinsam mit Felix Ascher den Israelitischen Tempel realisieren, eine Synagoge des Reformjudentums, dem auch Friedmann angehört. Der Bau manifestiert in der Loslösung von orientalischen Formen, hin zur sachlichen Architektur des Neuen Bauens, die Bemühungen des Israelitischen Tempelverbandes, das modernisierte Judentum zu emanzipieren.

Anfang 1933 unternimmt Friedmann eine Erholungsreise nach Ägypten und Palästina. Aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem dadurch bedingten Berufsverbot als Jude entschließt er sich zu einem dauerhaften Exil in Palästina und eröffnet Ende 1933 in Haifa ein Architekturbüro. Er nimmt an einigen Wettbewerben erfolgreich teil und kann in Haifa zwei Bauten errichten, darunter das Haus Salomon, dessen Erscheinungsbild Vorbilder des International Style rezipiert und mit auskragenden Sonnenschutzelementen regional adaptiert. In der von zahlreichen europäischen Emigranten dominierten Architektenschaft Palästinas, die paradoxerweise den International Style als regionale architektonische Identität des entstehenden jüdischen Staates prägen, kann Friedmann an die Erfolge seiner Hamburger Zeit nicht mehr anknüpfen. Wegen Auftragsmangels siedelt er nach Tel Aviv und schließlich nach Jerusalem über, wo er eine Anstellung als Zeichner beim Public Works Department der Britischen Mandatsverwaltung findet und am Bau befestigter Polizeistationen mitarbeitet. Nach einem Wettbewerbserfolg beginnt er außerdem den Bau einer Synagoge im Jerusalemer Vorort Talpiot, den er aber nicht mehr vollenden kann.

In seinem Exil in Palästina, unter der Belastung wirtschaftlicher Probleme durch die Auftragsarmut, wird Friedmanns Asthma wieder stärker, an dem er 1940 in Jerusalem verstirbt. Als Exponent moderner Architektur des Neuen Bauens sowie als Deutscher jüdischen Glaubens gehört Friedmann zu jenen Architekten, die vor den Repressalien des Nationalsozialismus aus Deutschland emigrieren müssen und dadurch auf der Höhe ihrer Schaffenskraft um ihre Zukunft beraubt werden. Wie anderen modernen Architekten wie Karl Schneider oder Bruno Taut ist es Robert Friedmann nicht mehr gelungen, dieses Schicksal zu überwinden.


Juni 2002

Literatur:

Herbert Eulenberg: Neue Werkkunst. Robert Friedmann. Berlin, 1930

Roland Jaeger, Wolfgang Voigt: Neue Werkkunst. Robert Friedmann. Berlin, 2000 (erweiterte Neuauflage von 1930)

Peter Stuckenberger: Der Hamburger Architekt Robert Friedmann (1888-1940). In: Baukultur Heft 5/1997, S. 26-30

Myra Warhaftig: Erinnerung an Robert Friedmann (1888-1940). In: Bauwelt Heft 11/1988, S. 402

Myra Warhaftig: Sie legten den Grundstein. Leben und Wirken deutschsprachiger jüdischer Architekten in Palästina 1918-1948. Tübingen, 1996

Wohnhaus Stellbergstraße. Hamburg 1926
. .Wohnhaus Stellbergstraße
. .Hamburg 1925-26
Wohnblock Barmbeker Straße. Hamburg 1924-28
. .Wohnhaus Barmbeker Straße
. .Hamburg 1924-28
Haus Friedmann. Hamburg 1927-28
. .Haus Friedmann
. .Hamburg 1927-28
Wohnblock Steinbeker Straße. Hamburg 1927-28
. .Wohnblock Steinbeker Straße
. .Hamburg 1927-28
Wohnhaus Eppendorfer Landstraße. Hamburg 1928
. .Wohnhaus Eppendorfer Landstraße
. .Hamburg 1928
Wohnblock Jarrestadt. Hamburg 1928-29
. .Wohnblock Jarrestadt
. .Hamburg 1928-29
Wohnblock Wichernsweg. Hamburg 1929-30
. .Wohnblock Wichernsweg
. .Hamburg 1929-30
Israelitischer Tempel. Hamburg 1930-31
. .Israelitischer Tempel
. .Hamburg 1930-31
Zeilenwohnhäuser Dulsberg-Ost. Hamburg 1930-31
. .Zeilenwohnhäuser Dulsberg-Ost
. .Hamburg 1930-31
Haus Salomon. Haifa / Israel 1936
. .Haus Salomon
. .Haifa / Israel 1936